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Dicke Luft in Peking.

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Dienstag, 30. Juli 2013 / 08:46:33

Saurer Monsunregen

Zu heiss, zu kalt, zu viel Sonne, zu wenig Regen. Und umgekehrt. Medial und privat weitverbreitetes Gejammer. Welcome back in Switzerland für frische Sommerferien!

Zürich, Luzern, Basel, Bern, Lausanne oder Genf sind, so glaubt der ausländische Ferienreisende, wahre Luftkurorte. Tiefes genussvolles Einatmen ist vornehmlich dann angezeigt, wenn es einem von China in die schöne Schweiz zieht. Nicht doch! Liebe Schweizer Freunde, grün bis hinter die Ohren, warnen mich vor Feinstaub und Ozon. Die Menschen seien zu wenig umweltbewusst. Auch der Bundesrat, der Regierungsrat, der Gemeinderat - und so weiter und so fort - tuen zu wenig. Beste Voraussetzungen also für den etwas unüberlegt angekündigten Atomausstieg. Meine von Pekinger Luft bedrängten Lungen jedenfalls erholen sich innerhalb von wenigen Tagen prächtig. Selbst dann, wenn der Hitze wegen die Ozonwerte -  wie schwitzend mit tiefen Sorgenfalten auf der Stirn ein Experte der Tagesschau erklärt - weit über den Grenzwerten liegen. Für wenige Tage nur im Jahr, notabene.

Vor einem halben Jahr sorgte Chinas Luftverschmutzung international für Schlagzeilen. Der Grenzwert 25 der Weltgesundheits-Organisation WHO für Feinstaub (PM 2,5) wurden je nach Stadt zehn bis vierzig Mal übertroffen. Seither ist das Thema aus den Schlagzeilen verschwunden. Tatsächlich, ein PM-2,5-Wert von 800 bis 1000 wie im Januar wurde nicht mehr erreicht. Dennoch, die Lungen können sich noch lange nicht erholen. Die Werte liegen nach wie vor und Tag für Tag im roten WHO-Bereich. Ein befreundeter chinesischer Arzt, spezialisiert in Lungenkrankheiten, hat mir schon vor über zehn Jahren, genüsslich eine Zigarette rauchend, erklärt: «In der chinesischen Hauptstadt zu atmen, das ist, wie wenn Du täglich ein Paket Zigaretten rauchst. Ohne Filter». Die Erkrankungen der Atemwege und des Herz-Kreislauf-Systems nahmen in den über dreissig Jahren der Wirtschaftsreform statistisch signifikant zu. Vor allem ältere Menschen und Kinder sind betroffen. Der Smog kostet nach einer chinesischen Studie jährlich mehr als einer Million Menschen das Leben. Es ist die vierthäufigste Todesursache.

Während ich diese Zeilen bei 33 Grad im Schatten, viel Mineralwasser und einem kühlen, sauberen Ozon-Lüftchen am schönen Neuenburger-See in die Tasten meines Laptops hacke, registriert man in Peking  einen PM-2,5-Wert von «nur» 171. Solche Werte, siebenmal über dem von der WHO festgesetzten Maximalwert, gelten unter chinesischen Stadtbewohnern schon als «ganz gut». Die Pekinger Luft schafft es zwar immer wieder in die internationalen Schlagzeilen, wohl weil die Ausland-Korrespondenten alle dort wohnen. Doch meist wird Peking noch von mindestens zwanzig weiteren chinesischen Dreckluft-Städten übertroffen. Und, das nebenbei, die indischen Städte Neu-Delhi, Kalkutta oder Mumbai werden im Zusammenhang mit schlechter Luft in unseren Medien praktisch kaum erwähnt.

Die Ursache des Smogs - und entre parenthèse - der Gewässerverschmutzung ist eindeutig das rasante Wirtschaftswachstum der letzten drei Jahrzehnte. China und Indien machen jene Erfahrung, welche die westlichen Industrie-Nationen in rund 150 Jahre Industrieller Revolution bereits hinter sich haben. Der grosse Smog von London 1952 und 1962 ist ja noch nicht allzu lange her. An internationalen Umweltkonferenzen reagieren denn Vertreter von Schwellenländern wie China und Indien, zu recht, unwirsch auf den moralischen Zeigefinger der westlichen Industriestaaten und Japans. Ihr  habt, so die Argumentation, die Welt seit Beginn der Industriellen Revolution Mitte des 18. Jahrhunderts hemmungslos und ohne Rücksicht auf Verluste verdreckt und verschmutzt und jetzt wollt ihr uns Vorschriften machen.

Die chinesische Regierung hat jedoch den Ernst der Lage erkannt und versucht das Mögliche zur Verbesserung von Luft, Wasser und Erde in die Wege zu leiten. Kurz, die Zentralregierung, nicht zuletzt den Volkszorn fürchtend, hat jetzt nach vielen bereits in die Tat umgesetzten Umweltmassnahmen neuen Handlungsbedarf ausgemacht. Umweltminister Zhou Shengxian hat so schon vor Monaten eine Verringerung der wesentlichen Schadstoffe bis zu drei Prozent angekündigt. In den drei grossen Wirtschaftsregionen - das ostchinesische Yangtse-Delta mit Shanghai, das südchinesische Perlfluss-Delta mit Guangzhou (Kanton) sowie die Region Peking/Tianjin - sollen die Feinstaubwerte im Jahre 2015 im Vergleich zu 2014 um sechs Prozentpunkte gesenkt werden. In Peking und Shanghai wiederum treten strengere Abgasvorschriften, dem Europäischen Standard Euro V entsprechend, in Kraft. Bis ins Jahr 2030 oder 2040 sollten dann die Nordchinesen wieder so frei atmen können wie wir Schweizer bereits heute.

Doch ein Patentrezept zur Verbesserung der Luft gibt es nicht. Massnahmen wie zur Zeit der Olympischen Spiele in Peking 2008 sind Ausnahmen. Damals wurden in weitem Umkreis um die Stadt für Monate Fabriken stillgelegt. Zudem durften pro Tag nur jeweils die Hälfte der zugelassenen Autos verkehren. Wirtschaftlich ist das natürlich langfristig nicht zu vertreten. Zudem wird Strom in China noch immer zu gut 70 Prozent durch die reichlich vorhandene Kohle produziert. Auch Heizen in Nordchina im eiskalten Winter wird sowohl privat als auch in Stadtheizungen mit Kohle betrieben. Selbst das Abfeuern von Feuerwerk - in China vor über tausend Jahren erfunden und bei Chinesinnen und Chinesen extrem beliebt - ist mittlerweile eingeschränkt, vielerorts sogar ganz unterbunden worden.

Eine Lösung ist nur makroökonomisch und mithin langfristig zu erreichen. Das Energie fressende Wachstum der bislang 34 Reformjahre wird gerade jetzt langsam auf ein neues Wachstumsmodell umgepolt, mit ungewissem Ausgang. Die Wirtschaft soll von der einseitigen Abhängigkeit von Export und Investitionen loskommen und sich langsam zu mehr Binnennachfrage und Konsum entwickeln. Um es mit einem Allerwelt-Schlagwort auszudrücken: «Nachhaltig», also umweltverträglich, soll das neue Wachstum werden.

Es ist höchste Zeit, denn das Volk ist so sauer wie der Regen während der Monsunzeit. Eine internationale Studie, veröffentlicht im amerikanischen Fachblatt «Proceedings of the National Academy of Sciences», hat ergeben, dass die Lebenserwartung im versmogten Nordchina hauptsächlich der Kohle-Heizungen wegen im Schnitt fünf Jahre kürzer ist als in Südchina. Nach Angaben der Verfasser der Studie - chinesische, amerikanische und israelische Wissenschafter - verkürzt eine Konzentration von 100 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter die mittlere Lebenserwartung um rund drei Jahre. Die von den Verfassern der Studie zwischen 1991 und 2000 gemessenen Werte haben ergeben, dass die durchschnittliche Belastung bei 184 Mikrogramm pro Kubikmeter lag oder 55 Prozent höher als im Süden. Die 500 Millionen Nordchinesen und Nordchinesinnen haben nach Angaben der Studie seit Beginn der 1990er-Jahre insgesamt 2,5 Milliarden Jahre an Lebenserwartung verloren.

Wie dem auch sein mag: im Luftkurort Schweiz werde ich dank grünen Ferien wohl wieder einige Jährchen dazu gewinnen. Nicht trotz, sondern - wer weiss - vielleicht gerade wegen meiner grünen Freunde...

Peter Achten (Quelle: news.ch)

http://www.st.gallen.ch/news/detail.asp?Id=594620

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