Der Horizont Bilic

Im Team der Kroaten ist vieles gleichförmig. Illuster sind andere. «Hrvatska» hat kein spektakuläres Gesicht. Vielleicht steht der Coach Slaven Bilic auch deshalb so oft im Fokus der Reporter. Der Trainer ist nicht konform. Er passt in kein Schema. Seine Biografie ist spannender als die meisten der kroatischen EM-Teilnehmer.

Bilic zupft nicht nur fürs Fotomagazin des Boulevards an den Saiten seiner E-Gitarre. Der 43-Jährige ist passionierter Rock-Musiker. Die Gruppe «Rawbau» tourte mit ihm durch Kroatien. Fussball allein genügte dem früheren Hajduk-Verteidiger nie. Während seinen Engagements in Deutschland und England vergrösserte er seinen internationalen Wortfundus markant. Inzwischen kommuniziert Bilic problemlos in vier Sprachen.

Bilic kommt gut an

Nebenbei studierte er nicht nur die Laufwege der Konkurrenten, sondern auch die Bücher der Rechtslehre. Als Inhaber des Anwaltpatents stehen ihm in einer allfälligen sportlichen Notlage auch andere Optionen offen. Der Kosmopolit und UNICEF-Botschafter kommt gut an. Seine Eloquenz öffnet ihm immer wieder neue Türen.

Fussball ist für ihn ein Teil des Lebens - nicht mehr, aber sicher auch nicht weniger. Die intensivsten Szenen erlebte Bilic auf dem Rasen, nicht auf einem roten Teppich oder in der Kanzlei. 1996 litt er nach dem dramatischen Viertelfinal-Out gegen Deutschland fürchterlich. Zwei Jahre später bejubelte Bilic zusammen mit einer ganzen Nation WM-Bronze.

Nächster Coup?

Seit 2004 profitiert der «Hrvatski Nogometni Savez» (HNS) vom Erfahrungsschatz Bilics. Im August vor sechs Jahren übernahm der frühere U21-Coach die A-Auswahl und führte sie an zwei EM-Endrunden. 2008 fehlte ein Wimpernschlag zum Halbfinalvorstoss. In den kommenden drei Wochen peilt die Mannschaft vom Balkan in der schwierigen Gruppe mit Titelhalter Spanien, Italien und Irland den nächsten Coup an.

Bilic kämpft wie einige andere Coaches auch mit diversen Ausfällen. Die beiden Bundesliga-Professionals Ivica Olic (Bayern) und Ivo Ilicevic (HSV) sind verletzt. Er habe vorsichtshalber einen Plan A, B und C vorbereitet, entgegnete er dem früheren Mitspieler Niko Kovac, der ihm vorhielt, über kein modernes Konzept zu verfügen und «wie vor 20 Jahren spielen zu lassen».

Neuer Job bei Lok Moskau

Die Kritik lässt Bilic abperlen. Er kennt seine aussergewöhnlich gute Bilanz. Nur Miroslav Blazevic (73 Spiele) coachte die Kroaten länger als er. 41 seiner 62 Partien hat er gewonnen. Und er weiss, dass seine Ära unabhängig von den nächsten Resultaten in Polen, enden wird. Der Vertrag bei Lokomotive Moskau ist unterschrieben. Bilic dehnt seinen (sprachlichen) Lernprozess ostwärts aus.

pad (Quelle: Si)

http://www.st.gallen.ch/news/detail.asp?Id=545328

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