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Verseucht durch Wirtschaftspolitik

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Montag, 21. März 2011 / 15:51:51

Eine Frage, begraben unter Reaktortrümmern

Es ist mitunter das völlig Offensichtliche, das hinterfragt werden muss, obwohl man fast nicht kann. Vor allem, wenn man mit verdammenswert klarem Schrecken konfrontiert ist. Und dummerweise sind die Antworten jeweils bei weitem weniger klar, als es einem lieb sein müsste, weil es einfach so schwer ist, die Frage zu finden.

Die Folgen des Erdbebens und des Tsunamis von Japan übersteigen ebenso wie die angerichteten Schäden immer noch die Vorstellungskraft der meisten Menschen. Der Autor ist da keine Ausnahme. Nun gibt es zwei Möglichkeiten: Auch zu hyperventilieren, oder zu versuchen, die Ereignisse aufzutrennen und danach wieder zusammen zu setzen. Und zu hoffen, dann etwas klarer zu sehen.

Am Anfang stand – zumindest was diese Katastrophe angeht – das Beben. Das Stärkste in der an starken Beben nicht armen Erdbebengeschichte Japans. Ein 9.0er Erdbeben findet ca. alle 5 Jahre mal irgendwo auf der Welt statt, so die Statistiken. Geht man von der Verteilung der Erdbebengebiete auf der Erde aus, war ein solches Erdbeben bei Japan eben mal wieder fällig. Das nächste mal erwischt es vielleicht wieder Kalifornien. Wobei ein statistischer Durchschnitt natürlich nichts anderes heisst, dass auch mal vier Stück nacheinander stattfinden und dann wieder 20 Jahre Ruhe ist.

Jedenfalls überstand Japan selbst dieses Beben eigentlich ganz ordentlich. Die grössten Schäden (auch psychisch, bei all denen, die vor dem Fernseher klebten und non-stop die Heli-Aufnahmen schauten) verursachte der Tsunami, der folgte. Die zehn Meter hohe Flut war das Element, das diese Katastrophe und das Bild, das wir davon haben, bestimmen wird.

Wie geplant auf Notbetrieb

Nicht jedes starke Erdbeben im Meer löst einen Tsunami aus, schon gar nicht einen so starken. Es hängt vor allem davon, ab, ob sich bei einem Beben der Meeresboden anhebt oder senkt. Es muss deshalb nahe an der Erdoberfläche stattfinden. Auch hier wieder: Eine Ausnahme. Aber keine allzu seltene – erst vor sieben Jahren hat ja ein ähnlich verheerender Tsunami Indonesien und Thailand verwüstet. Wobei dieses mal die Tsunami-Warnung funktionierte und sich scheinbar Tausende vor der mit 800 km/h herantobenden Welle in Sicherheit bringen konnten.

Auch die Notabschaltung der Atomkraftwerke funktionierte – sogar die alten Krücken in Fukushima unterbrachen die Kettenreaktion in ihren Reaktorgefässen und stellten auf Notbetrieb um.

Doch das alles half wenig, denn die Kombination machte es aus. Und zu tief liegende Treibstofftanks der Notkühlaggregate. Den Rest kennen wir. In ungeheurem Detail. Doch die Debatte, die nun gestartet hat, geht weit über das hinaus, um was es eigentlich gehen sollte und müsste und streift knapp die Realität.

Das beginnt damit, dass ein Wort in aller Munde ist und bei vielen sogar mit einem Superlativ vorne dran: GAU und Super-GAU. Und rein technisch gesehen sind beide auch passiert, nämlich in dem Moment, als Radioaktivität freigetreten ist – GAU und Super-GAU sind nämlich technische Ausdrücke, welche die vorhergesehenen, angenommenen möglichen Unfallszenarien (GAU) und dem, was darüber hinaus geht (Super-GAU) beschreiben.

Absurd: Fukushima wäre der Beweis, dass AKW's sicher sein könnten

Und hier ist denn auch der Haken, womöglich die Ursache der Nuklearkrise in Japan zu sehen. Auch wenn diese Aussage Atomkraftgegnern die Zornesröte ins Gesicht treibt: AKW's können sicher gebaut werden. Und Fukushima ist geradezu der Beweis dafür.

Das Problem waren und sind die Notstromgruppen. Die Treibstofftanks, die für diese Anlagen gedacht waren, befanden sich auf der zur Küste hin gewandten Seite, praktisch auf Meeresniveau und wurden praktisch als erstes Opfer des Tsunamis. Statt diese Notfallanlagen, von denen nach einem Abschalten der Reaktoren alles weitere abhängt, sicher in Bunkern unterzubringen oder gar 500 Meter im Landesinneren, wo die Generatoren auf einer etwa 45 Meter hohen Anhöhe vor jedem Tsunami sicher gewesen wären. Die Mehrkosten hätten einige wenige Millionen betragen – im Maximum. Und eine solche Umsiedlung wäre längst fällig gewesen.

Doch weder die Betreiber noch die Politik sorgte dafür, dass in einem der am meisten durch Erdbeben und Flutwellen gefährdeten Land der Welt, alte, potentiell durch unausmerzbare Konstruktionsmängel gefährliche Reaktoren weniger gefährlich und im Falle einer vorhersehbaren und nach dem Stand des Wissens möglichen Katastrophe beherrschbar gemacht wurden.

Wirtschaftspolitische Katastrophe

Je länger die Katastrophe abläuft, desto klarer wird auch, dass es wohl eine technische ist, aber eine, die ihre Wurzeln in der Wirtschaftspolitik hat und hier speziell in der engen Verflechtung der japanischen Grossindustrie mit der lange herrschenden LDP und einer weiterhin grossen Macht dieser Unternehmen, die es ihnen erlaubte, Warnungen betreffend der Gefahr durch einen Tsunami zu ignorieren.

So waren die Notfallmassnahmen für die Zeit nach einer Abschaltung 'freiwillig'. Sogar die Sicherung des Druckbehälters vor Erdbeben war freiwillig und nicht von der Regierung vorgeschrieben. Es zeigt sich immer klarer, dass die japanischen Nuklearanlagen, gebaut in einer Nation, die regelmässig von Erdbeben geschüttelt wird, nicht auf Erdbeben und deren Folgen vorbereitet sind. Eine Absurdität gigantischen Ausmasses.

Empfehlungen, die nach einem Erdbeben 2007 erarbeitet wurden, wurden weitgehend ignoriert. Ebenso die Warnungen der Gesellschaft Japanischer Zivilingenieure, welche aufgrund der Daten eines Tsunamis von 1960 verfasst wurden, der nach einem 9.5er Erdbeben in Chile die Japanische Küste in der benachbarten Präfektur traf.

Anlagenbetreiber 20 Mal erfolglos gesprochen

Ein Lokalpolitiker aus Fukushima traf Vertreter der Betreiberfirma TEPCO 20 Mal, um verbesserte Sicherheitsmassnahmen durchzusetzen – doch auch er blieb erfolglos. Wie erfolglos zeigte sich nach der Beben- und Flutkatastrophe, als die Angestellten des Kraftwerkes nach ersten Bränden im Kraftwerk mehr als eine halbe Stunde brauchten, um die nahe Feuerwehr zu alarmieren, nicht zuletzt, weil die empfohlenen Satellitentelefone nicht vorhanden waren. Ebenso wenig wie die von der japanischen Atomsicherheitsbehörde vorgeschlagene Betriebsfeuerwehr, die eigentlich immer hätte vor Ort sein müssen.

Am Ende sitzen zwei Angeklagte auf der Anklagebank: Zum einen die Betreiberfirma TEPCO, die, um die Gewinne zu erhöhen und die Kosten niedrig zu halten, reelle Gefahrenszenarien und Sicherheitsempfehlungen ignorierte. Zum anderen der Japanische Staat, der die Verantwortung seinen Bürgern gegenüber ignorierte und den bekanntermassen korrupten Grosskonzern TEPCO mit Samthandschuhen anfasste. Um all dem noch eins aufzusetzen ist jetzt ein Inspektionsbericht der Japanischen Atomenergiebehörde vom 2. März, indem schlampige Inspektionen der Anlage Fukushima Nummer 1 an 33 Punkten bemängelt wurden, so auch an den notorisch berüchtigten Abklingbecken und den Notstromaggregaten. TEPCO wurde bis 2. Juni Zeit gegeben, einen Inspektionsplan nachzureichen … vermutlich dürfte der nicht mehr rein kommen.

Während der Katastrophe zeigte sich nun ein immer breiter werdender Riss zwischen TEPCO und der japanischen Regierung, ein Riss, der eigentlich in jeder funktionierenden Demokratie zwischen wichtigen Industrien und dem Staat bestehen müsste. Denn wenn dieser Graben nicht besteht, ist speziell bei einer Technologie wie der Atomkraft ein unnötiges Risiko gegeben, das bei Weitem über das sogenannte Restrisiko hinaus geht, das jetzt immer zitiert wird. Sollten nun die Beziehungen der Regierung mit TEPCO nachhaltig gestört sein, wäre dies ein Segen für die Sicherheit der japanischen Bevölkerung.

Eine simple Frage bleibt übrig

Atomkraftwerke werden gezwungenermassen von grossen Konzernen betrieben, Konzernen, die sich immer weiter von staatlicher Kontrolle entfernen, ja zum Teil jene Stellen, die sie kontrollieren sollten, selbst beeinflussen oder genug mächtig sind, Vorschriften zu ignorieren, die lästig, teuer und ungelegen kommen. Kommt dazu, dass die meisten AKW's schon recht alt sind und viele von diesen nach dem heutigen Stand der Technik gar nicht mehr in Betrieb genommen werden dürften. Es lassen sich zwar einige Sicherheitsmassnahmen nachrüsten, aber genau so wenig, wie sich aus einem VW Käfer ein Lamborghini Aventador (oder ein Toyota Prius) machen lässt, kann ein AKW der ersten in eines der dritten Generation umgebaut werden.

Das Geld, das in der Atomtechnologie liegt, die immensen Gewinne und die Zentralisierung einer Versorgungsmacht sind zusammen mit den Risiken, die durch verantwortungsloses Handeln generiert werden, die Kehrseite der scheinbar so sauberen Medaille Atomkraft. Es ist eine Macht, die – im Falle Japans – korrumpiert hat und so direkt für die Katastrophe verantwortlich ist. Die Frage, die wir uns deshalb alle in unseren Ländern mit Atommeilern stellen müssen ist die: Trauen wir es unseren Institutionen zu, die Atomindustrie effektiv zu kontrollieren? Sind unsere Staaten unabhängig genug, um Sicherheitsmassnahmen nach dem Stand der Wissenschaft und nicht nach dem Stand der Opportunität durchzusetzen?

Diese simple Frage bleibt übrig, wenn erst einmal der ganze Schrecken, der sich in Japan vor uns ausgebreitet hat, abgetragen wurde, diese eine Frage liegt unter den Reaktortrümmern begraben...

 

et (Quelle: news.ch)

http://www.st.gallen.ch/news/detail.asp?Id=483933

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Foto: hpgruesen (Pixabay License)

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